Hamburg Marathon
Sonntag 27. April 2008 von Sumpf
Meine Planung war, zwischen 3:45 und vier Stunden anzukommen.
Leider kam es dann doch anders. Natürlich hatte ich mich über das Ankommen gefreut, aber die Umstände mit denen ich ins Ziel kam, waren schon recht ärgerlich. Zumal hierdurch dieses Hochgefühl etwas fehlte auf das ich mich eigentlich sehr gefreut hatte. Aber alles der Reihe nach:
Vor dem Start:
Nachdem ich morgens sogar noch eine viertel Stunde vor dem Wecker um 4:45 Uhr aufwachte, war die Henkersmahlzeit angesagt: Haferflocken mit Milch und reingeschnibbelter Banane. Alles bereitgelegt hatte ich ja bereits am Vorabend, also ging ich nun erst einmal wieder ins Bett. Nächster Weckzeitpunkt Viertel vor sieben. Duschen und sonstige morgens im Bad auszuführende Tätigkeiten, Laufsachen anziehen und im Gedanken nochmal alles durchgehen um ja nichts zu vergessen. Meine Schwägerin „das Bille“ ;-) kam pünktlich um Viertel vor Acht um mich abzuholen. Da wir südlich der Elbe wohnen und viele Zufahrtsstraßen schon gesperrt waren, planten wir, das Auto südlich des historischen alten Elbtunnels abzustellen. Es gibt da einen riesigen Parkplatz der Werft Blohm + Voss, nur leider war der blöderweise abgesperrt, sodaß wir im Parkverbot stehen mussten. Von da aus waren es noch etwa einen Kilometer zum Startblock H zu laufen. Dort mussten wir noch fast eine halbe Stunde auf den Start warten. Kein Startschuss – kein Witz, aber auf St. Pauli ist seit kurzem Waffenverbot – sondern mit einer Schiffsglocke wurde der Start freigegeben. Ganze acht Minuten dauerte es dann noch, bevor sich auch unser Block in Bewegung setzte, obwohl nur etwa 250m vom Starttor entfernt.
Die ersten 15km:
Das Läuferfeld war auf den ersten fünf Kilometern so dicht, daß ein Überholen schwierig war. Meine angestrebte Pace von 5:20 war aufgrund dessen zunächst nicht zu halten, aber ich verlor nur etwa 40 Sekunden. Die nächsten 5km konnte ich wieder etwas aufholen, dank der breiteren Elbchaussee. Bei km 12 sah ich vor mir die Luftballons der Tempoläufer. Mit diesem Tempo bis ins Ziel hätte man es in etwa 3:45 schaffen können, aber was sehe ich? Auf den Ballons steht 4:00! Na klar, die passen sich auf die Ermüdung der Läufer an. Und so beschloss ich, sie zu überholen – war auch noch nicht so schwierig. Alle fünf Kilometer sind Zeitmessmatten und größere Verpflegungsstationen. Bei der fünfzehner half auch meine Frau mit, die so beschäftigt war, dass sie mich erst gar nicht gesehen hatte. Auch hier war die Welt noch in Ordnung: Meine Pace lag zwar so bei 5:27 weil es auch etwas bergan ging, aber ich wollte auch auf Nummer sicher gehen wegen der Wärme. Mittlerweile waren es bereits 18°C und die Sonne brannte gnadenlos auf den Kopf. Allerdings habe ich bei jeder Getränkestation meinen Kopf gekühlt, dies hielt nur leider nicht lange vor.
15km bis 25km:
Spätestens als ich mal meinen Puls kontrollierte stellte ich fest das etwas schief läuft: 170!
Also was tun? – denn so konnte es nicht weitergehen: Tempo rausnehmen. Der Puls ging allerdings nur geringfügig zurück. Bei Km 23 legte ich eine erste kurze Gehpause ein, weil sich auch ein unangenehmes Druckgefühl im Brustbereich bemerkbar machte. Bei km 25 lag meine Durchschnittspace mit 5:38 schon gefährlich nahe an der 4 Stunden Grenze! Auch andere Läufer machten hier schon vereinzelt Gehpausen.
25km bis 40,5km:
Es war 11:30 Uhr und die Temperatur betrug bereits fast 20°C. Als wenn dies alles nicht schon gereicht hätte, kündigte sich bei km 26 der erste Krampf in der rechten Wade an. Zunächst war es nur ein leichtes Ziehen und vorübergehend durch Veränderung der Schrittlänge wieder wegzubekommen. Aber es kam wieder und nun auch links! Bei km 30 musste ich feststellen, dass meine erhofften 4 Stunden schon nicht mehr zu schaffen waren. Erster Frust setzte ein, denn immer mehr Gehpausen rissen den Schnitt weiter runter. Alle paar hundert Meter versuchte ich durch Dehnung der Waden dies Problem in den Griff zu bekommen. Aber auch Power-Gel und isotonische Getränke halfen hier nicht weiter. Die Zuschauer versuchten mich in den Gehphasen zu motivieren, aber es half nichts! Bei km 37,5 war noch ein kleiner Getränkestand von der FDP. Den hatte ich sehr spät gesehen, so musste ich einen Haken schlagen. Da schoß es mir gleichzeitig in beide Waden dermaßen heftig, dass die am Stand gedacht haben müssen, ich mache eine Breakdance – Einlage! Nach zehn Sekunden hatte ich’s wieder im Griff und machte meine Dehnung.
40,5km bis zum Zieldurch lauf geh:
Nach einer von vielen Gehpausen wollte ich wieder anlaufen – 4:20 waren vergangen – als ich feststellen musste, es geht nicht mehr: Heftige Krämpfe zwangen mich wieder zum Gehen. Jeglicher Versuch wieder zu laufen endete in einem Krampf! Also war nun 1700m gehen angesagt. Auf der Zielgeraden, das Tor schon sichtbar, sagte mein Verstand: „Du musst laufen! Du kannst doch nicht durchs Ziel gehen! Wie sieht denn das aus!“ Aber der Körper, sprich die Waden sagten nein! Ich weiß nicht wie, aber die letzten 20 Meter wurde aus dem Gehen doch noch ein staksiges Laufen.
Danach:
Zieleinlauf dann also bei enttäuschenden 4:35:14, Aber trotz alledem: Ich hatte es geschafft! Man mag spekulieren was eigentlich der Grund für diesen Einbruch war. Lag es daran, dass ich erst letzten Sonntag und somit zu spät einen langen Trainingslauf angesetzt hatte? Oder war es das zu warme Wetter? Hätte ich vielleicht mit Magnesium die Krämpfe verhindern können? Ich weiß es nicht. Aber ohne dieses Hauptproblems hätte ich zumindest etwa eine halbe Stunde besser liegen können. Übrigens der Rest der Beinmuskulatur war völlig in Ordnung. Auch der Weg zurück zum Auto – immerhin auch über einem Kilometer – war wieder alles im grünen Bereich.
So, nun liege ich hier auf der Couch und werde nach so einem ereignisreichen Tag das Wochenende ausklingen lassen: Morgen geht’s wieder ganz normal zu Arbeit…
Ach ja: Mein roter und heisser Kopf lässt auch einen leichten Sonnenstich vermuten!
Nachtrag:
Welch ein Zufall! Meine Zieleinlaufsposition entspricht exakt meiner Startnummer: 12066
Dieser Beitrag wurde erstellt am Sonntag 27. April 2008 um 22:48 und abgelegt unter Berichte, Läufe, Wettkämpfe. Kommentare zu diesen Eintrag im RSS 2.0 Feed. Kommentare und Pings sind derzeit nicht erlaubt.
Montag 28. April 2008 um 16:16
Auch 4:35 ist eine gute Zeit! – Respekt
Meinen ersten habe ich im September und werde wohl auch die gleich die 4:30 ansteuern, obwohl mir die Zeit beim ersten nicht so wichtig ist.
Vor den Krämpfen habe ich auch Angst.
Jetzt hast doch gleich ein Ziel für den nächsten Marathon und fällst nicht in ein Loch wie so viele andere die ihr Ziel erreichten.
Der nächste wird besser
Gruß Matthias
Montag 28. April 2008 um 22:26
Oha, das war bestimmt eine Quälerei. Ich hab größtes Mitgefühl, genauso erging es mir bei meinem Debüt und auch beim zweiten Versuch (1998/1999). Allerdings habe ich die Krämpfe erst später ab 33km bekommen.
Hut ab, dass Du trotzdem laufend durchs Ziel gekommen bist.
Gruß aus dem alten Land
Uwe
Dienstag 29. April 2008 um 00:13
@Matthias & Uwe
Ich denke, in ein Loch wäre ich auch mit 3:45 nicht gefallen, weil mein Fokus eher auf Halbmaraton und 10km liegt. Diese Streckenlängen passen nämlich viel besser zum benötigten Trainingsaufwand. Klar, ist der MA die „Königsdisziplin“, aber man hat auch noch Familie und Beruf. Für HM & 10km reichen 30-40km Training die Woche, wobei ich mich bisher dort immer noch steigern konnte. Ich werde mich in Zukunft ganz individuell für einen MA – vielleicht ein Mal im Jahr – entscheiden, um dann dafür 8-12 Wochen vorher mein Trainingsumfang zu erweitern, das ist dann noch vertretbar. Während meines Trainings und speziell hier auch die langen Läufe, hatte ich so gut wie keine Probleme mit Krämpfen. Ich glaube, dass einfach nur ein paar ungünstige Faktoren wie z.B. die Wärme, vielleicht zu wenig Magnesium im Vorwege oder vielleicht war auch die Regeneration des letzten langen Laufs und die Erkältung noch nicht ganz überstanden. Wie auch immer, was zählt, ist, dass ich angekommen bin! Alles Andere kann in Zukunft nur besser laufen. Je länger eine Strecke ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit das etwas nicht ganz optimal läuft. Damit müssen wir alle leben und Rückschläge sind immer mal drin. Solange man sich nur kurz darüber ärgert ist das OK und normal. Bei mir überwiegt mittlerweile auch die Freude, es geschafft zu haben. Ich freue mich jetzt bereits auf den nächsten Wettkampf, den Itzehoer Störlauf!
Euch beiden nochmal vielen Dank für die positiven Beiträge!
::Andreas
Dienstag 29. April 2008 um 09:45
Hej Andreas,
die Fotos vom Marathon bringe ich Dir noch mit.
Hans-Hermann, mein Kollege, hat mir heute einen Artikel, aus der Welt am Sonntag, über Tom Buhrow, für Dich mitgegeben.
Was machen Deine Knochen?
Ich habe einen Sonnenbrand großflächig im Gesicht, Hals und Unterarmen *autsch*
B.
Mittwoch 30. April 2008 um 22:02
Hallo Andreas,
noch einmal „Kopf hoch und weiter geht´s“. Haferflocken und Milch halte ich übrigens für problematisch.
Bis dann
CHRISTOPH
Donnerstag 1. Mai 2008 um 18:11
@Christoph
Du hast Recht: Milch fängt beim Laufen im Magen an aufzuschäumen, da kann dann schon mal ein Brechreiz einsetzen ;-)
Aber es war ja vier Stunden vor dem Lauf, also bereits verdaut. Oder welches Problem könnte noch damit auftreten? Ich lerne gerne dazu!
Ach ja: Danke für Deine aufmunternden Worte!
Donnerstag 1. Mai 2008 um 22:28
Hallo Andreas,
ich finde das ganz toll was du da für eine Leistung erbracht hast, auch wenn es nicht so lief wie du es geplant / Dir gewünscht hast. Du kannst stolz auf Dich auf sein, das sollen andere erstmal nach machen. :-) :-)
Wir sehen uns spätestens am 10.01.08 bei deiner Schwägerin :-) :-)